Account-Based-Marketing ergänzt den B2B Marketingmix
ABM (kurz für Account-based-Marketing) geisterte viele Jahre als Buzzword in der Marketing-Sphäre herum, doch ist inzwischen fester Bestandteil vieler Marketing-Strategien. Also haben wir die Methodik gemeinsam mit Content-Stratege Robert Weller unter die Lupe genommen. Wie ABM konkret eingesetzt werden kann, lesen Sie im zweiten Teil.
ABM, kurz für Account-Based-Marketing schwebt vor allem auf LinkedIn & in zahlreichen Podcasts über den Köpfen von Marketern. Aber vielen fehlt der tatsächliche Ansatz und die Verortung im größeren Rahmen der Marketingstrategie.
Dazu haben wir mit Robert Weller, Content Stratege, Dozent und Autor von toushenne.de gesprochen.
Speerfischer vs. Netz auswerfen | Ist ABM das Richtige für Ihr Unternehmen?| ABM & der Hype Cycle – Stand Deutschland | ABM in Ihrer Marketingstrategie | Exkurs: ABM für Bestandskundenmarketing | Teil 2: ICP erstellen, Targeting & Marketingkanäle für ABM
Speerfischer vs. Netz auswerfen
Account-Based-Marketing wird oft als eine Art "Speerfischen" erklärt, was es damit auf sich hat, erklärt Robert:
„Als Account Based Marketer suche ich mir den Fisch vorher raus und überlege mir ganz genau, wen will ich fangen, also wen will ich als Kunden haben und passe dann darauf alles an: passender Speer, Wurftechnik, Gewässer – analog meine Kanäle, Budget, Kommunikation.“
Das klassische Marketing ist – analog zum Vergleich – dann das Netz auswerfen. Dort hofft man darauf, dass ein großer Fischschwarm drin ist oder auch vielleicht ein großer Fang, aber hat keine Sicherheit, dass die drin sind, die man auch drin haben möchte. Demnach muss man hier auch viel aussortieren. Bei allen Marketing-Profis sollten jetzt schon die Alarmglocken schrillen, denn was gibt es Besseres als hochwertige Leads mit großer Chance zu konvertieren?
Ein weiterer beliebter Vergleich ist der "umgedrehte Funnel", denn im ABM ist der Funnel oben schmal und nach unten hin geöffnet. Auch hier zeigt sich schon einer der großen Vorteile von ABM: der Aufbau von nachhaltigen und wertvollen Kundenbeziehungen.
Umgekehrter Marketing-Funnel für ABM (Quelle: Intercom)
Account-Based-Marketing richtet sich an gezielte Käufergruppen, die dann mit passenden und abgestimmten Marketing- und Saleskampagnen adressiert werden. ABM gehört damit zu den Outbound-Strategien und kann die Inbound-Strategie eines B2B Unternehmens perfekt ergänzen.
Auch Robert Weller beschäftigt sich bereits seit mehreren Jahren intensiv mit Marketingstrategien wie Account-Based-Marketing und erklärt in seinem Blogartikel "Ist Account-Based-Marketing (ABM) der neue Standard im B2B-Marketing?" was es mit dem Hype auf sich hat und wie es sinnvoll eingesetzt werden kann.
Ist ABM das Richtige für Ihr Unternehmen?
Account-based-Marketing funktioniert prinzipiell für jedes Unternehmen, das auf Großkunden abzielt. Die besten Ergebnisse erzielen B2B und vor allem SaaS Unternehmen, die sich in einer starken Wachstumsphase befinden. Unser Guide für ABM kann Ihnen bei den ersten Schritten helfen.
Mit bereits vorhandenen Kundendaten lässt sich ABM noch besser umsetzen, diese unterstützen bei dem engen Targeting.
ABM im Hype Cycle – in Deutschland schon angekommen?
Das Konzept stammt aus dem anglophonen Raum und erlebte vor allem 2019 einen größeren Schub, 2021 sieht es bereits anders aus:
Abbildung: Der Hype Cycle für Digital Advertising 2021 von Gartner
Während ABM im bekannten Gartner Hype Cycle 2019 gerade den Gipfel der überzogenen Erwartungen überschritten hat, ist es 2021 im Tal der Enttäuschungen angekommen. Direkt danach folgt bekanntlich der Pfad der Erleuchtung und Robert unterstreicht das ebenso:
„Also grundsätzlich wenn man sich die Trends ausschaut; da kann man auch Google Trends auf einer Metaebene anzapfen und da tut sich in Deutschland gar nicht viel innerhalb der letzten Jahre. Da ist es nicht so, dass man einen Anstieg im Suchvolumen oder in der Nachfrage erkennt. Weltweit sieht das Ganze aber anders schon anders aus: da geht die Kurve eher so im dreistelligen Bereich nach oben zumindest auf die letzten 5 Jahren betrachtet. Ich glaube auch da, das Interesse nimmt so ein bisschen ab, gerade im US-amerikanischem Raum, weil da ist es schon angekommen. Bei uns ist es vielleicht noch gar nicht überhaupt auf dem Trend abzuzeichnen und im US-amerikanischen oder auch englischsprachigen Raum ist es schon eher in einer Produktivitätsphase.“
Abbildung: Nachfrage nach account-based marketing
Weltweit zeigt sich immer noch ein starkes Interesse, vor allem auch durch neue Marketingstrategien und einen veränderten Fokus auf nachhaltigere Kundenbeziehungen.
ABM als fester Bestandteil der Marketingstrategie – wieso?
In den vergangenen zwei Jahren wurden viele Marketing-Budgets gekürzt oder teils komplett gestrichen, doch so Robert Weller:
„Internationale Unternehmen haben den Fokus auf ABM behalten und das Budget dafür blieb stabil. Gerade weil sie sich der Vorteile bewusst waren: es ist kostengünstiger, nachhaltiger und stabiler. Was man sehen kann, dass sich verstärkt durch die Pandemie ein Stück weit die Zielstellung verändert hat. Es geht nicht mehr fokussiert um Leadgenerierung als Entry Point, den man zwingen braucht, sondern um knallharte Business Metriken: wieviel neuen Umsatz haben wir generiert durch unser ABM, was ist unser New Business und wie hat sich unsere Customer Retention verändert. Also sehr sehr stark auch Account-Based-Marketing Nutzen im tatsächlichen Account-Management Sinn, also Bestandskundenmarketing: Wie können wir das nutzen, um bestehende Kunden auch weiterhin zu halten. Und da bewegen wir uns weg von einer klassischen Akquise-Strategie.“
Wie ABM im Bestandskundenmarketing eingesetzt werden kann, lesen Sie weiter unten im Text.
Für B2B Marketer ändert sich der Fokus verstärkt also auf KPIs wie ARR, MRR oder auch Churn Rate im Sinne eines Marketings, das stärker in alle Unternehmensprozesse eingebettet ist und weniger Stand-Alone-Kampagnen fährt. Dabei rückt die klassische Leadgenerierung eher in den Hintergrund, es geht vor allem um die Generierung von Nachfrage. Für Account-Based-Marketer zeigen sich viele Vorteile in der Strategie, die auf die Gewinnung von Großkunden abzielt.
Die Vorteile von ABM sind vor allem:
- höherer ROI,
- größere Deals,
- abgestimmte Denkweise zwischen Sales & Marketing
Der höhere ROI lässt sich leicht erklären, denn:
„Du investierst wirklich nur in Marketing an jene potenzielle Kunden, die du mit Sicherheit schon als Kunde identifiziert hast. Und nicht, du kommunizierst in einen Markt hinein und hoffst, dass da sozusagen ein Kunde mit dabei ist. Also da hast du ein kleineres Risiko – wenn du deine Hausaufgaben eben vorher gemacht hast–, dass sich das Investment dann auch auszahlt.“
Zu den „Hausaufgaben“ gehört auch eine ausführliche Recherche über den ICP, also das Ideal Customer Profile. Der ICP ist eine Beschreibung eines fiktiven Accounts, der idealerweise euer Produkt nutzen sollte. Den ICP zeichnen vor allem geringe Akquisitionskosten, lange Kundenbeziehung und hoher Wert der Kundenbeziehung, geringe Churn-Rate aus. Der ICP ist sozusagen euer best use case in Form eines Unternehmens.
Im B2B Marketing und auch für ABM ist dagegen noch die Buyer Persona ebenso entscheidend. Die Buyer Persona ist sozusagen die personenbezogene Methodik zum ICP. Die beiden Methoden sollten ergänzend im ABM genutzt werden, denn um den ICP zu angeln, braucht man Daten über den Kontext und die Situation der potentiellen Käufer, ergo den Buyer Personas und dem Buying Center.
Potenzial – erkannt? Dann lesen Sie im zweiten Teil des Interviews mit Robert Weller, wie Sie mit ABM praxisorientiert starten können. Darin erfahren Sie auch, wie Sie einen ICP erstellen, welche Daten Sie dafür benötigen und wieso ein Anti-ICP Ihr Targeting perfektioniert.
Exkurs: ABM im Bestandskundenmarketing
Es steckt schon in der Abkürzung: "Accounts" – dabei müssen im ABM nicht nur neue Accounts betrachtet werden. ABM eignet sich auch, um bestehende Kunden Mehrwert zu bieten.
Der hohe Wert von ABM liegt also in den Anwendungsfällen, die jedes Unternehmen individuell herausfinden muss. Robert Weller betont:
Jeder Marketer kennt den Spruch: Kunden zu halten ist günstiger, als neue Kunden zu finden. Dann weißt du auch, dass sich sozusagen jeder Dollar, jeder Euro, der in eine Bestandskundenbeziehung investiert wird, immer einen positiven Return hat. Wenn das eine gute Beziehung ist, die auch beidseitig und gemeinsam auf Augenhöhe entwickelt wird, dann ist es das, was ich mit nachhaltig meine – und eben nicht der herkömmliche Marketing-Ansatz zu sagen, wir akquirieren immer wieder neue Kunden. Das kommt immer aufs Geschäftsmodell an, aber gerade wenn wir im B2B davon sprechen Account-Based-Marketing einzusetzen, dann geht es auch um nachhaltige Geschäftsbeziehungen und dann ist ist Bestandskundenmarketing ein sinnvoller Fokus."
Account-Based-Marketing endet nicht mit der Unterschrift des Kunden. Das Wissen über die Probleme, Kaufstruktur, Entscheidungsträger bei Bestandskunden ist bekannt und dieses kann für Up- sowie Cross-Selling genutzt werden. Außerdem können Unternehmen auch Content Hubs für Ihre Key Accounts entwicklen, dafür gibt es am Markt verschiedene Anbieter. Zentral ist dabei immer die Bereitstellung personalisierter Inhalte für die Kunden und somit die Generierung von dauerhaftem Mehrwert.
So geht es weiter in Teil 2:
Sie wollen mit ABM loslegen? Dann lesen Sie im zweiten Teil des Interviews alles über die ersten Schritte: Erstellung des ICP und Datenquellen, Marketingkanäle für Ihre Kampagnen und 2 Key Learnings von Robert Weller in seiner jahrelangen Arbeit mit ABM, die jeder Marketer kennen sollte.