Was macht eine Karriere im Sales-Bereich so besonders, welche Interessen und Fähigkeiten sollte man dafür mitbringen und wie kann man in Sales durchstarten?
Tyrone Smith ist Senior Mid-Market Sales Director bei der Sales Enablement-Plattform Seismic, Brand Ambassador bei SDRs of Germany und Host des Sales Career Podcast. In einem Gespräch verrät er uns, was das Berufsfeld Tech Sales auszeichnet, warum dieses immer beliebter wird und wie sich eine individuelle Karriere gestalten kann.
Sales Careers im deutschsprachigen Markt florieren derzeit: Es gibt in der Community immer mehr Austausch über Sales-News und Best Practices – wer im Sales-Bereich Inspiration sucht, sich mit anderen aus der Branche austauschen oder von Experten lernen möchte, wird allein auf LinkedIn zu vielen Themen fündig.
Es entscheiden sich heute auch immer mehr Menschen für einen Beruf im Sales-Bereich. Und das betrifft nicht nur diejenigen, die neu ins Berufsleben starten. Auch Quereinsteiger entdecken zunehmend Sales für sich. Bekommen Jobs in Sales also immer mehr Zulauf?
Im Bereich Tech Sales lasse sich laut Tyrone durchaus ein vermehrter Zulauf beobachten. Viele interessieren sich für den Sales-Bereich, da sie gerne viel mit anderen Menschen interagieren und dieses Interesse gerne in einem gut bezahlten Beruf ausbauen möchten.
Was macht jedoch neben der Kommission eine Karriere in Tech Sales so interessant? Tyrone nennt hier den problemorientierten Ansatz, der auf lösungsorientiertes Denken abzielt.
„Was ist die Aufgabe, die beim Kunden erfüllt werden muss und wie könnte eine Lösung hierfür aussehen?“
Das Vorgehen zur Lösung des Problems muss nicht unbedingt das sein, was einem als Seller vom Unternehmen vorgeschlagen wird. Vielmehr sollten zunächst die Bedürfnisse des Kunden adressiert werden. Erst in einem zweiten Schritt sind dann die Vorstellungen des Kunden mit denen des Unternehmens abzugleichen.
Das bedeutet konkret: Es sollte nicht darum gehen, vor dem Kunden eine ellenlange Liste sämtlicher Features der Softwarelösung aufzurollen in der Hoffnung, dass diese ihn zum Kauf bewegt.
Zielführender ist es, dem Kunden zunächst aktiv zuzuhören und zu erfahren, was er konkret benötigt. Die gesammelten Informationen können dann strukturiert werden, um dem Kunden in einem nächsten Schritt aufzuzeigen, wie ein möglicher Lösungsweg aussehen könnte und wie man diesen gemeinsam mit ihm ausbauen kann.
„Eine Karriere in Tech Sales kann also auch für diejenigen infrage kommen, die Erfahrung im Consulting mitbringen. Auch wenn es sich um Stellen im Vertrieb, bei Partnern oder im Customer Success handelt – der Aspekt der Beratung macht diese Positionen so interessant.”
Inwiefern die Abfrage der Kundenbedürfnisse und das gemeinsame Erarbeiten eines Aktionsplans gut verläuft, ist eine Frage des richtigen Trainings dafür. Es ist laut Tyrone nicht ausreichend, sich lediglich zum Thema zu belesen.
Viel entscheidender ist es, Kundengespräche zu üben und diese für sich und im Team durchzusprechen, sie tatsächlich auch mit dem Kunden zu üben – neue Ansätze können auch im echten Kundengespräch ausprobiert werden.
Mit der Zeit lernt man auf diese Weise, im Gespräch mit dem Kunden die richtigen Fragen zu stellen. In diesem Punkt kann man sich auch stets weiterentwickeln. Tyrone betont dabei:
„Man sollte im Kundengespräch nicht immer dieselbe Checkliste abgehen, sondern das Gespräch vertiefen: „Warum sagt der Kunde an dieser Stelle etwas anderes, als ich an dieser Stelle typischerweise höre?“ Man muss also gute Fragen stellen und gleichzeitig schnell genug mitdenken, um gleich die nächste gute Frage stellen zu können.“
Wie aber lernt man die notwendigen Skills für ein gelungenes Kundengespräch?
Tyrone nutzt verschiedene Kanäle, um am Ball zu bleiben: Hörbücher, Austausch mit anderen aus der Community, Aufzeichnungen von Calls aus Sales Tech, und nicht zuletzt Tools, mit denen diese Skills erlernt werden können. Es gibt also verschiedene Wege, sich das Wissen für die erfolgreiche Führung von Sales-Gesprächen anzueignen.
Wenn man sich nun für eine Sales-Karriere entscheidet – wie sehen die Entwicklungsmöglichkeiten in diesem Bereich aus? Gibt es hier den gängigen Karriereweg?
Es gibt diesbezüglich zwar eine Vielzahl an Möglichkeiten, jedoch finden sich Tyrone zufolge überwiegend ähnliche Konstellationen wieder:
Wenn erst einmal das Interesse für Sales geweckt und der Einstieg in dieses Feld geplant ist – gibt es bestimmte festgelegte Laufbahnen vom Jobeinstieg zur Weiterentwicklung in erfahrenere Positionen?
Häufig ist zu beobachten, dass jemand als SDR (Sales Development Representative) oder BDR (Business Development Representative) einsteigt und sich dann zum AE (Account Executive) weiterentwickelt. Es herrscht sogar die allgemeine Auffassung, jemand müsse im Lauf seiner Sales-Karriere auf die Position des AEs hinarbeiten.
Dass für Sales Representatives die Position des Account Executive grundsätzlich erstrebenswert sein sollte, beweisen verschiedene Initiativen der Unternehmen: Für jeden BDR gibt es ein unternehmensinternes Training zum AE, darüber hinaus gibt es zahlreiche Podcasts, Blogposts und Bücher zum Thema.
Tyrone ist jedoch der Auffassung, dass der Weg zum Account Executive nicht ausnahmslos für jeden im Sales-Bereich geeignet sein muss, schließlich gebe es im SDR- oder BDR-Track so viele Möglichkeiten. Er oder sie könne beispielsweise eine Rolle im Enterprise, Leadership oder Enablement übernehmen.
Denn es gibt verschiedene Charakterzüge, die für die verschiedenen Positionen nötig sind bzw. dort zum Vorschein kommen. Beispielsweise steht jemand vielleicht gerne im ersten Kundenkontakt, ist aber weniger motiviert, monatelang in Meetings immer wieder den Vertrag anzupassen und mit Legal und deren IT-Abteilung zu sprechen. Derjenige wäre dann vielleicht eher im SDR- oder BDR-Track besser aufgehoben als in der Rolle des AEs.
Eine große Hürde kann also die Wahl der genauen Rolle darstellen. Viele wissen anfangs nicht, was auf sie zukommt und bemerken möglicherweise erst relativ spät, dass ihre Position nicht zu ihnen passt – das sollte jedoch kein Grund sein, den gesamten Berufszweig anzuzweifeln.
Sinnvoller ist es, sich an diesem Punkt zu fragen, wie der eigene Berufsalltag idealerweise aussehen sollte. Ob man beispielsweise zunächst mit einem Teammeeting in den Tag startet, um danach erst einmal allein weiterzuarbeiten und am Nachmittag nach einem weiteren Teammeeting in ein Kundenmeeting zu gehen.
Wenn man dann bemerkt, dass die eigentliche Kundenakquise im wunschgemäßen Tagesablauf überhaupt nicht vorkommt, dann ist man in der Rolle des SDRs oder BDRs möglicherweise weniger gut aufgehoben.
„Es ist für die Wahl einer Position in Sales wichtig, sich zunächst Gedanken darüber zu machen, was man sich konkret vom Arbeitsalltag erwartet und was gut zu einem passt, um dann in einem zweiten Schritt den richtigen Weg einschlagen zu können.“
Was Tyrone selbst an seinem Job am meisten? Ihm gefällt der sehr frühe Teil des Sales-Prozess. Das kann die reine Akquise betreffen, aber auch einfach Situationen, in denen er auf jemanden aufmerksam wurde, der an einem Gespräch interessiert sein könnte.
Gekrönt wird das Ganze für Tyrone dann dadurch, wenn er dem Kunden nach dieser ganzen „Discovery-Phase“ in einem weiteren Schritt die Lösung präsentieren kann und dieser davon begeistert ist.
Der Sales-Prozess, der zur Präsentation der Lösung vor dem Kunden führt, reizt Tyrone also am meisten an seiner Arbeit – die darauffolgenden Schritte des Sales-Prozess versucht er noch zu meistern.
Tyrone selbst trifft mittlerweile weniger auf Ressentiments, denn in seinem Umfeld und seiner Community auf LinkedIn ist er von Menschen umgeben, die sich gegenseitig Sales-Tipps geben, voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen.
Dennoch kennt er den Blick auf Sales von außerhalb der Community: Der Sales Representative drängt sich auf und ist derjenige, der ungefragt bei Unternehmen anruft und am Telefon abgewimmelt wird.
Tyrone glaubt, dass sich starke Klischees gegenüber Sales geändert haben. Kritiker seien häufig in Gesprächen überrascht, wenn sie erfahren, was den Job eines Sales Reps eigentlich ausmacht und dass dieser viel mit Consulting zu tun hat.
Tyrone meint hierzu, dass das nichts mit dem Unternehmen, dem Produkt oder den Prozessen zu tun hat, sondern es vielmehr auf den nächsten Vorgesetzten ankommt – eben auf die Person, die einem sagt, wenn etwas gut oder schlecht läuft, und die einem hilft, weiterzukommen.
„Das Leadership-Umfeld, in das man sich begibt, ist bei der Wahl eines Unternehmens das Wichtigste. Denn es bringt nicht viel, wenn jeder für sich selbst viel leisten kann, aber das Team nicht gut funktioniert.
Wenn man im Job niemanden hat, der das Beste aus einem herausholt und einen unterstützt, dann kann man nicht richtig wachsen.“
Im Bewerbungsprozess sollte man sich also fragen, ob man mit der Person, der man unterstellt sein wird, gut zusammenarbeiten kann. Wie tickt derjenige und welchen Führungsstil verfolgt er? Am besten erfährt man das indirekt über andere Personen.
Vor allem seit sich der Arbeitsmarkt gewandelt hat und der Arbeitnehmermarkt vorherrschend ist, haben Jobsuchende gute Karten, wenn sie sich zunächst ein lückenloses Bild über den potenziellen Arbeitgeber verschaffen wollen.
Die kritischen Fragen sollten nicht erst gegen Ende des Bewerbungsprozesses geklärt werden: Wie sieht das Gehalt aus? Wie ist euer Unternehmen bewertet? Wie steht es um Entwicklungschancen? All diese Fragen müssen Unternehmen heutzutage auch bereitwillig beantworten, denn sonst entgehen ihnen wertvolle Talente.
Wenn man überlegt, in Sales durchzustarten, sollte man sich also zunächst fragen, was man sich von seinem Beruf erwartet:
Geht man gerne direkt auf neue Menschen zu? Hat man Interesse an einer Gesprächsführung, bei der man auf das Gegenüber eingeht und gleichzeitig situativ smarte Fragen stellt? Präsentiert man gerne vor dem Kunden und hat man ein überzeugendes Auftreten? Ist man bereit, im Team zu arbeiten und sich selbst und andere stetig zu motivieren?
Die eigene Beantwortung dieser Fragen kann Aufschluss darüber geben, ob man grundsätzlich für den Sales-Bereich geeignet ist, in welchen Etappen des Sales-Prozess man das Team am besten unterstützen kann und welche Stelle man also konkret anpeilen sollte.
Wer grundsätzlich von Sales begeistert und davon überzeugt ist, dass dieses Berufsfeld gut zu ihm passt, der kann auch mit noch geringen Vorkenntnissen mithilfe eines guten Leadership-Umfelds im Team lernen, wachsen und langfristig seinen eigenen Weg in Sales finden.